Der Europäische Haftbefehl wird in Übereinstimmung mit den Vorschriften der EU erlassen und ist in allen EU-Mitgliedstaaten gültig (im Folgenden nur „EHB“ genannt). Der Erlass eines EHB und die Übergabe der beschuldigten oder verurteilten Person wird in der Tschechischen Republik im Gesetz Nr. 104/2013 Slg., über die internationale Justizzusammenarbeit in Straf-sachen, in Deutschland in dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) geregelt.
Aufgrund eines EHB ist jeder Mitgliedstaat grundsätzlich verpflichtet, die verdächtige oder verurteilte Person zu verhaften und in den Staat zu übergeben, der den EHB erlassen hat, da-mit dieser die Strafverfolgung durchführen oder eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung vollzie-hen kann. Ein EHB wird insbesondere dann erlassen, wenn die Festnahme, Unterbringung in U-Haft oder die Zuführung einer Person zum Strafvollzug angeordnet wurde, wobei die Anord-nung jedoch nicht innerhalb von 6 Monaten erfolgreich vollzogen werden konnte.
Wird eine solche Person anschließend in einem EU-Mitgliedstaat aufgrund eines Europäischen Haftbefehls festgenommen, wird sie in Übergabehaft genommen. Die zuständige Behörde des betroffenen EU-Mitgliedstaats entscheidet sodann über ihre Übergabe in den entsprechenden EU-Mitgliedstaat. Hält der Staat die Übergabe für begründet, übergeben die zuständigen Or-gane an einem vereinbarten Ort die angeforderte Person den Behörden der Tschechischen Re-publik.
Begeht also zum Beispiel ein Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland auf dem Ge-biet der Tschechischen Republik eine Straftat und kehrt nach Deutschland zurück, kann ein tschechisches Gericht einen EHB erlassen, damit dieser durch die deutsche Polizei zum Zwek-ke der Strafverfolgung in der Tschechischen Republik verhaftet wird. Die deutsche Behörde übergibt den Bürger in die Tschechische Republik aber nur dann, wenn sie die Zusicherung erhält, dass der betroffenen Person der Vollzug einer Freiheitstrafe ohne Bewährung oder ei-ner mit dem Entzug der persönlichen Freiheit verbundenen Maßregel in Deutschland ermög-licht wird.
Für einen tschechischen Staatsangehörigen, der in Deutschland eine Straftat begangen hat, gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Die tschechische Polizei verhaftet ihn aufgrund eines von einem deutschen Gericht erlassenen EHB, um ihn anschließend den deut-schen Behörden zu übergeben. In dem Verfahren über die Übergabehaft und in dem Übergabe-verfahren muss die aufgrund des EHB verhaftete Person in der Tschechischen Republik durch einen Verteidiger vertreten werden.
Autoren:
Mgr. Hedvika Hartmanová
JUDr. Vojtěch Steininger, LL.M.
Dipl.-Jur. Jan Sommerfeld, MLE
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